Urteil zum Dieselfahrverbot

Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig drängen sich die Übertragungswagen, daneben demonstrieren Umweltgruppen wie Greenpeace gegen die Schadstoffverpestung unserer Luft. Der Sitzungssaal ist vollgestopft mit Pressevertretern, interessierten Zuhörern und einer Menge Anwälten. Es ist ziemlich was los; alle erwarteten mit Spannung ein für das autoaffine Deutschland richtungsweisende Urteil. Es geht nicht mehr oder weniger darum, ob Millionen von Pendlern, Dienstleistern, Handwerkern etc. ihre Fahrzeuge von nun an stehen lassen müssen.

Fahrverbote: Ja oder Nein

Rund vier Stunden lang werden in angeregter Atmosphäre zwischen den Parteien, den Länder Nordrhein-Westphalen, Baden Württemberg und der Deutsche Umwelthilfe, die rechtlichen Argumente ausgetauscht. Konkret geht es dabei insbesondere darum, ob die einzelnen Städte und Kommunen auch ohne bundeseinheitliche Regelung Fahrverbote verhängen können, um die Grenzwerte einzuhalten, und ob ein solches Fahrverbot überhaupt verhältnismäßig ist oder es ein milderes Mittel gibt.

Ursprünglich verklagte die Deutsche Umwelthilfe etwa 60 Kommunen in Deutschland wegen der regelmäßigen Überschreitung der Stickoxide-Werte, darunter auch Düsseldorf und Stuttgart. Stickoxide sind Giftstoffe; sie reizen die Atemwege des Menschen und gefährden die Gesundheit. Vor allem Dieselfahrzeuge tragen nach Angabe des Umweltbundesamts zu rund 60 % der Belastung durch Stickoxide in den Städten bei. Die Kommunen sollten durch die Klage gezwungen werden, ihre Luftreinhaltepläne nachzubessern und somit die Schadstoff-Grenzwerte einzuhalten. Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf entschieden jeweils zugunsten der Deutschen Umwelthilfe. Gegen die Entscheidung gingen die jeweiligen Bundesländer im Wege der Sprungrevision vor, da die Klärung der Rechtsfrage von übergreifendem Interesse ist. So liegt die endgültige Entscheidung nunmehr beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Unklare Zuständigkeiten

Die Richter werden jetzt alle vorgebrachten Argumente in ihre rechtlichen Erwägungen einbeziehen und in einigen Tagen das Urteil verkünden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, zunächst den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Hilfe zu bitten. Ihm könnten diverse Rechtsfragen zur Klärung vorgelegt werden, insbesondere die Frage, ob Fahrverbote durch die Kommunen trotz fehlender bundeseinheitliche Regelungen überhaupt verhängt werden können.

Und noch etwas: Selbst wenn nächste Woche ein Urteil gefällt werden sollte, die zeitliche Umsetzung steht auf einem ganz anderen Blatt. Denn die Zuständigkeiten sind mehr als unklar. Die Länder sehen die Zuständigkeit beim Bund, da das in Rede stehende Gesetz (das Bundesimmissionsschutzgesetz) den Kommunen keine ausreichende Möglichkeit gibt, Fahrverbote eigenständig anzuordnen. Zudem bestünde die Gefahr, dass jede Stadt ihre eigene Art eines Verbots durchsetzen würde. Eine Idee ist daher die Einführung einer „blauen Plaketten“ durch den Bund. Mit einer solchen Plakette wäre ein Fahrverbot kontrollierbar und würde in ganz Deutschland für gleiche Spielregeln sorgen. Was unsere auf einem Bein hinkende Bundesregierung davon hält, ist jedoch ziemlich unklar.

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