Laut Definition der Bundesagentur für Arbeit ist Pendler ein jeder, der vom Wohn- zum Arbeitsort die Gemeinde wechselt. Das heißt also, als Pendler sind alle die nicht erfasst, die auch lange Wege auf sich nehmen, allerdings innerhalb von Städten und Gemeinden. Häufig sind ja Gebiete eingemeindet, die weit ab „vom Schuss“ liegen und der Bus nur zwei mal am Tag fährt. Aber okay, schauen wir uns einfach mal die Zahlen und Statistiken an.
Von den rund 32,5 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland pendeln mittlerweile sagenhafte 59 % zur Arbeit. Auch die Pendel-Entfernungen werden immer länger. Im Jahr 2016 betrug der einfach Arbeitsweg im Schnitt 16,91 Kilometer; 1999 lag er noch bei 14,6 Kilometer.
Die Stadt mit den meisten Arbeitnehmern, die von außerhalb einpendeln, ist im Übrigen München mit 393.827 täglichen Pendlern. Das sind 22,5 % mehr als im Jahr 2000. Auf dem zweiten Platz steht Frankfurt am Main mit 348.000 Einpendlern. Am stärksten wächst die Zahl der Pendler in Berlin. Von 2000 bis 2015 nahm sie um 53 % zu. Wahnsinn!
Bei vielen Größstädten liegen die Pendelursachen natürlich auch an den hohen Mietkosten, die sich kaum ein Mensch mehr leisten kann. Daher ziehen alle raus, pendeln rein und ziehen die hohen Mieten langsam mit sich. Und auch große Produzenten und andere Arbeitgeber sind häufig in Gewerbegebieten außerhalb der Städte und Gemeinde angesiedelt. Erschwerend kommt hinzu, dass dort häufig noch nicht mal eine Bahn oder ein Bus fährt, weil die Anspindung so schlecht geplant ist. Damit kommen als Alternativen nur Auto oder das Rad in Betracht.
Es sind also Massen, die sich regelmäßig auf die Reise machen. Jeder auf ganz unterschiedliche Weise: Auto, Bahn, öffentlicher Nahverkehr, seltener das Flugzeug. Viele an fünf Tagen die Woche, manche pendeln auch am Sonntag zum Arbeitsort und freitags wieder zurück. Einige davon dürfen auch mal im Homeoffice arbeiten. Und wofür? Jetzt hat man wegen der Arbeit mehr Geld auf dem Konto; leider gibt man das aber wieder fürs Pendeln aus und hat weniger Zeit für Freunde, Familie und Erholung.
Das alles hat natürlich Auswirkungen auf die Umwelt, wenn sich zig Tausende jeden Morgen auf den Weg zur Arbeit machen und abends retour. Aber nicht nur. Auch die Gesundheit leidet durch den Stress. Pünktlich den Zug erreichen, rechtszeitig das Arbeitsmeeting, auf die Minute wieder los, um den letzten Bus zu bekommen. Dazu Zugausfälle, Staus, Verspätungen, volle Bahnen, kalte Füße beim Warten. Gesundheitsfördernd ist das nicht.
Prof. Hannes Zacher von der Universität Leipzig kam in einer Studie sogar zu dem Ergebnis, dass sich Pendeln nicht nur negativ auf die Gesundheit und Psyche auswirkt, sondern auch auf die Karriere. Denn Pendler erreichen oft zu spät das Büro und sind aufgrund des Streßfaktors oft angespannt. Zudem leiden sie häufiger an chronischen Krankheiten. Und wer dauernd fehlt, hat es auch bei der nächsten Beförderung schwerere.
Zu diesem ganzen Hin- und Her trägt schlussendlich auch die Pendlerpauschale bei. Lange Arbeitswege werden steuerlich gefördert. Für jeden Kilometer zwischen Haustür und Arbeitsstätte reduziert sich das zu versteuernde Einkommen um 30 Cent je Arbeitstag. Damit sollten ursprünglich die täglichen Arbeitsfahrten erschwinglicher werden. Allerdings ging das teilweise nach hinten los, insbesondere dann, wenn sich Familien wegen schlechter Nahverkehrsanbindungen ein Zweitauto zulegen müssen. Außerdem wird mit der Pendlerpauschale – wie gerade der Chef der Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt kritisierte – zur Zersiedelung der Landschaft beigetragen. Denn sie belohne Menschen dafür, dass sie freiwillig mitunter sehr weit entfernt von ihrem Arbeitsort lebten.
Aber natürlich nutzen viele die Pendlerzeit auch. Sie lesen, telefonieren, denken nach, entspannen. Was aber bei vollen oder verpäteten Zügen nicht einfach ist. Und wenn ich per Auto pendle und hinter einem Lenkrad sitze, undenkbar. Wer das Pendeln und seine Auswirkungen besser in den Griff bekommen möchte, ist bei diesem Blog richtig. Der Umwelttechniker Marc ist täglich bis zu 4 Stunden unterwegs und hat einige Wege gefunden, sich damit zu arrangieren und die Zeit als geschenkte Zeit zu nutzen.
Grundsätzlich können bereits Kleinigkeiten dazu beitragen, dass sich Pendler besser fühlen und zu ökologischen Verkehrsmittel greifen, wie Prof. Zacher meint. Der Arbeitgeber kann beispielsweise Radständer zur Verfügung stellen (und wie ich finde, mindestens genauso viele wie Parkplätze), Duschen installieren, Fahrgemeinschaften gründen oder sogar Betriebsbusse einsetzen. Auch kann er für einen bessere Anbindung an den Nahverkehr kämpfen, denn schließlich bedeuten seine Arbeitsplätze auch Macht.