1.Radwegenutzung
Autofahrer denken meistens, die Straße sei ausschließlich für sie da. Aber das stimmt so nicht. Denn die allgemeine Radwegebenutzungspflicht wurde bereits 1998 abgeschafft. Seitdem dürfen auch Radfahrer in sehr vielen Fällen die Straße nutzen, selbst wenn ein Radweg vorhanden ist. Denn nur, wenn blaue Verkehrszeichen den Radweg beschildern, besteht ein Benutzungszwang. Diese Schilder stehen für „Radweg“, „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ und „Getrennter Rad- und Gehweg“.
Mit diesen Schildern sind meistens Wege gekennzeichnet, die in einem baulich guten Zustand sind. Das heißt im Umkehrschluss, Radwege ohne blauem Zeichen entsprechen nicht den Erfordernissen und müssen daher auch nicht verpflichtend genutzt werden. Und davon dürfte es in deutschen Städten noch eine ganze Menge geben. Dort kann sich der Radfahrer also frei entscheiden, ob er den Radweg oder die Straße benutzt.
Wer nicht den benutzungspflichtig ausgeschilderten Radweg befährt, riskiert ein Bußgeld von 20 Euro, welches aber bei Behinderung oder Gefährdung anderer auf bis zu 35 Euro steigen kann.
2. Nutzung in entgegengesetze Richtung
Grundsätzlich gilt, dass Linksfahren bzw. Radfahren entgegen der Fahrtrichtung nicht gestattet ist. Denn grundsätzlich gilt das Linksfahrgebot. Es gibt aber Ausnahmen:
Eine Einbahnstraße entgegen der Fahrtrichtung befahren dürfen Radfahrer, wenn dies durch das Zeichen „Radverkehr frei“ erlaubt ist. Gleiches gilt im Übrigen auch für das Befahren von Radwegen in die entgegengesetzte Richtung. Auch hier zählt das Zusatzzeichen „Radverkehr frei“. Sind zusätzlich die oben erwähnten blauen Schilder vorhanden, muss man den Radweg sogar in die entgegengesetzte Richtung nutzen.
3. Gehwegnutzung
Gehwege dürfen Radfahrer in der Regel nicht benutzen. Es gibt aber Ausnahmen. Ist z.B. das oben erwähnte Schild „Radverkehr frei“ am Gehweg oder in der Fußgängerzone vorhanden, darf man dort auch mit dem Rad fahren. Zu beachten ist aber, dass dann Schrittgeschwindigkeit einzuhalten ist.
Kinder bis zum 8. Lebensjahr müssen sogar den Gehweg nutzen, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind. Und sie dürfen von einem älteren Radler auf dem Gehweg begleitet werden, damit dieser seiner Aufsichtspflicht nachkommen kann. Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr (also bevor sie zehn werden) dürfen noch auf dem Gehweg fahren. Alle ab dem Alter von zehn müssen vom Gehweg runter und entweder den Radweg oder die Straße nutzen.
Aber: Seit 2016 ist auch geregelt, dass Kinder unter acht Jahren zumindest auch auf baulich getrennten Radwegen (protected bike lanes) fahren dürfen. Daneben gilt: Ist der Gehweg für das Radfahren nicht zumutbar (z.B. im Winter), dürfen die Kinder natürlich auch einen vorhandenen Radweg nutzen.
Nicht vergessen werden darf natürlich, dass die auf dem Gehweg radelnden Personen besondere Rücksicht auf FußgängerInnen zu nehmen haben. Sie dürfen diese weder gefährden noch behindern. Es gilt – wie oben bereits erwähnt – langsam zu fahren.
Wer verbotenerweise auf dem Fußweg radelt und erwischt wird, hat in der Regel 15 Euro zu zahlen. Bei Behinderung oder Gefährdung anderer steigt dieser Betrag auf bis zu 25 Euro.
4. Ampelnutzung
„Bei Rot bleibe stehn, bei Grün kannst du gehn!“. Diese Textzeile aus einem Kinderlied gilt selbstverständlich auch für Radfahrer.
Gibt es nur eine Autoampel, haben sich Radfahrer danach zu richten. Die Fußgängerampel hat also keinerlei Bedeutung für sie. Das heißt, man muss zusammen mit den Autos so lange warten, bis die Auto-Ampel grün zeigt. Das gilt im Übrigen unabhängig davon, ob man auf der Straße oder einem Radweg fährt.
Gibt es eine gesonderte Radampel oder ein kombiniertes Lichtzeichen für Fußgänger und Radverkehr, richtet man sich danach.
Wer eine rote Ampel missachtet, riskiert ein Bußgeld von 60 Euro. Geraten andere Verkehrsteilnehmer dadurch in Gefahr oder wird gar ein Unfall verursacht, kann das Bußgeld auf bis zu 120 Euro steigen; unter Umständen gibt es auch einen Punkt in Flensburg.
Eine weitere Frage, die Radfahrer häufig umtreibt, ist die, ob man bei Rot ganz hinten in der Autoschlange warten muss oder sich an den Fahrzeugen vorbei nach vorn schlängeln darf. Auch hier sind die Regeln eindeutig. Radfahrer dürfen rechts vorbei nach vorn fahren, aber auch nur auf dem rechten Fahrstreifen, mit mäßiger Geschwindigkeit und wenn ausreichend Raum dafür vorhanden ist. Das heißt, es muss für genügend seitlichen Abstand gesorgt werden. Bei ca. einem Meter Abstand sollte also ein Vorbeifahren gefahrlos möglich sein.
5. Abstand
Zu einem vorausfahrenden Fahrzeug oder Fahrrad muss der Abstand im Allgemeinen so groß sein, dass im Fall des plötzlichen Abbremsens noch rechtzeitig gehalten werden kann. Hierbei gilt insbesondere das allgemeine Aufmerksamkeitsgebot. Das bedeutet, es ist vorausschauend zu fahren, so dass mögliche Gefahren rechtzeitig erkannt und die Fahrweise entsprechend angepasst werden kann. Und selbstverständlich ist auch beim Überholen von Fahrzeugen, Fußgängern und anderen Radfahrern ein ausreichender Seitenabstand einzuhalten. Geringer als 80 cm sollte er jedenfalls nicht ausfallen.
Möchte ein Fahrzeug einen Radfahrer überholen, hat er innerorts einen seitlichen Abstand von 1,5 und außerhalb von Ortschaften sogar von 2 Metern einzuhalten. Daran halten sich traurigerweise die wenigsten. Daher werden Fahrten mit der Poolnudel immer beliebter, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Bei widrigen Umständen, etwa Steigungen oder Wind, kann sogar ein noch größerer Abstand erforderlich sein, da hier die Radler unter Umständen schwanken können.
Ist es zu eng und unübersichtlich, kann außerdem von den Kommunen ein Überholverbot von Fahrrädern und anderen einspurigen Fahrzeugen angeordnet werden. Dafür wird sogar ein neues Verkehrszeichen eingeführt.
6. Licht
Zum Glück dürfen Radfahrer mittlerweile mit vielen verschiedenen Beleuchtungsarten unterwegs sein. Vorgeschrieben sind ein weißes Vorder- sowie ein rotes Rücklicht. Daneben haben sie ein Wahlrecht bei den eingesetzten Lampen. Möglich sind Lichtmaschinen, batteriebetriebene oder wiederaufladbare Leuchten. Auch dürfen einzelne Vorder- und Rücklichter genutzt werden, da eine elektrische Verbindung zwischen beiden nicht mehr erforderlich ist.
Grundsätzlich sollten die Lampen in der Dämmerung, Dunkelheit oder bei schlechten Lichtverhältnissen zum Einsatz kommen. Ist ein Rad unbeleuchtet, darf es nur geschoben werden. Außerdem sollte auch darauf geachtet werden, dass das Vorderlicht nicht entgegenkommende Verkehrsteilnehmer blendet. Der Lichtkegel sollte ausreichend geneigt sein (hierfür gibt es auch so eine Art Formel, die ich aber leider nicht verstehe).
Daneben sind für die gute Sichtbarkeit auch an der Radseite wahlweise Reflektorstreifen oder gelbe Speichenreflektoren vorgeschrieben. Auch ein weißer Reflektor vorn und ein roter Großrückstrahler hinten sind obligatorisch. Und nicht zu vergessen die Pedalen; auch sie müssen mit nach vorn und hinten abstrahlenden gelben Rückstrahlern ausgerüstet sein.
Das Bußgeld für Fahren ohne Licht sowie nicht vorhandene Beleuchtung liegt bei 20 Euro. Kommt es aufgrund fehlenden Lichts zu einem Unfall, haftet auch der Radfahrer. Die Haftung entfällt auch nicht deshalb, weil eventuell der Schaden durch eine Fehlreaktion des Unfallgegners hervorgerufen wurde. Die fehlenende Beleuchtung muss nur unfallursächlich mitgewirkt und das Geschehen mitgeprägt haben.
7. Geschwindigkeit
Grundsätzlich müssen sich auch Radfahrer auf der Straße an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Denn die Verkehrszeichen gelten für Fahrzeuge aller Art und damit auch für Räder. Bei einem Verstoß kann sogar ein Bußgeld erhoben werden. Die Höhe liegt dabei im Ermessen der Bußgeldstelle, da die „normalen“ Sätze bei Geschwindigkeitsverstößen nur für Kraftfahrer gelten.
Für Radwege gibt es keine Höchstgeschwindigkeiten. Allerdings gilt hier § 3 StVO, wonach nur so schnell gefahren werden darf, dass das Fahrzeug – also das Fahrrad – beherrscht werden kann. Hierbei sind selbstverständlich auch Straßen-, Sicht- und Witterungsverhältnisse zu berücksichtigen.
Allerdings gibt es für Radfahrer zwei Sonderregelungen auf die Fußgängerzone bezogen: Fährt dort ein Radfahrer unerlaubt und gefährdet durch unangepasste Geschwindigkeit einen Passanten, droht ein Bußgeld von 35 Euro. Ein Bußgeld von 30 Euro wird fällig, wenn Radfahren zwar grundsätzlich in der Fußgängerzone zugelassen ist, dort aber unangepasst schnell gefahren wird und dadurch andere gefährdet werden. Ob die Geschwindigkeit „unangepasst“ ist, hängt im Übrigen von der Breite des Weges, der Anzahl der FußgängerInnen sowie den Witterungsverhältnissen ab.
Wird aufgrund zu schnellen Fahrens ein Unfall verursacht, muss der Radfahrer mindestens mit einer Mithaftung rechnen. Hier kommt es aber selbstverständlich auf den jeweiligen Einzelfall an.
8. Nebeneinanderfahren
Bislang regelte die StVO, dass grundsätzlich hintereinander zu fahren war. Nur, wenn der Verkehr nicht behindert wurde, durfte nebeneinander gefahren werden. Diese Regelung gilt aber nicht mehr, sondern wurde de facto umgedreht. Nunmehr ist klargestellt, dass das Nebeneinanderfahren von Radfahrenden grundsätzlich gestattet ist. Lediglich wenn andere Verkehrsteilnehmende behindert werden, muss hintereinander gefahren werden.
9. Telefonieren und Musik hören
Beim Telefonieren gilt das Gleiche wie für Autofahrer. Wird also das Telefon selbst oder dessen Hörer aufgenommen, kann dies zur Ablenkung des Fahrers führen und damit zu verspätetem Bremsen, Übersehen von Verkehrsschildern oder anderen Fehlern. Daher ist nur das Telefonieren per Freisprechanlage – also Knopf im Ohr oder per Headset – während der Fahrt erlaubt, damit beide Hände für das sichere Fahren frei bleiben. Hat man keine Freisprechanlage, darf man das Telefon nur nutzen, wenn man steht. Das Bußgeld bei einem Verstoß beträgt übrigens 55 Euro.
Interessante Nebeninfo: Wie häufig die Handynutzung Ursache für einen Unfall ist, weiß leider niemand. Denn es fehlt eine statische Erhebung dazu. Sie fehlt auch im Unfallursachekatalog, der im Übrigen aus dem Jahr 1975 (!) stammt.
Etwas anders siehts beim Musikhören per Kopfhörer aus. Es darf keine „künstliche Schwerhörigkeit“ geschaffen werden, durch die die Wahrnehmung von Warnsignalen, Fahrgeräuschen oder ähnlichem beeinträchtigt wird. Daher darf die Musik nur so laut gestellt werden, dass der Verkehr noch vernehmbar ist. Wobei man aber auch sagen muss, dass bei gleicher Lautstärke ein Autofahrer durch die Wände weit weniger Umgebungsgeräusche wahrnehmen dürfte als ein Radfahrer, der sich mitten im Verkehrslärm bewegt. Es drohen 10 bis max. 15 Euro Bußgeld für denjenigen, der sich nicht daran hält.
10. Alkohol und Drogen
Alkohl kann man als Radfahrer; es gelten andere Promillegrenzen als bei Autofahrern. Solange man im Verkehr nicht auffällt, darf man bis zu 1,59 Promille im Blut haben. Erst darüber hinaus drohen drei Punke, ein Bußgeld sowie eine MPU.
Allerdings: Wer schon mit deutlich weniger Alkohol im Blut eine auffällige Fahrweise an den Tag legt oder gar einen Unfall provoziert, bekommt bereits ab einem Wert von 0,3 Promille rechtliche Probleme und eine Strafanzeige. Daher sollte man gut einschätzen können, wie gut oder schlecht man Alkohol verträgt. Dabei spielen auch Faktoren wie Größe, Gewicht und Alkoholgewohnheit eine Rolle.
Wer unter Drogeneinfluss Rad fährt und erwischt wird, riskiert eine Strafanzeige und ggf. auch die Anordnung einer MPU.
11. Podcast Radfunk von Deutschlandfunk: Welche Rechte haben Radfahrer?
Wer es zum Thema Recht noch etwas genauer wissen möchte, kann sich auch den Radfunk-Podcast von Deutschlandfunk zum Thema „Rechte von Radfahrern“ anhören. Hier wird auf die einzelnen rechtlichen Themen nochmals etwas genauer eingegangen.
Deutschlandfunk – Radfunk: Klar, darf ich das! Welche Rechte haben Radfahrer?
12. Epilog
So ihr Lieben, jetzt wisst ihr Bescheid. Haltet euch ein wenig an die Regeln, auch wenn´s nervt. Aber dann habt ihr (hoffentlich) immer eine gute Fahrt!